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finnisch Lappland

So, die Weihnachtswerkstatt war abgearbeitet, ab sofort konnten wir uns mit den Themen der arktischen Region auseinandersetzen.  Der Besuch des Arktikums in Rovaniemi  stand auf dem Programm. Ein modernes lichtdurchflutetes Gebäude erwartete uns. Hier bekamen wir erste Eindrücke vom Leben in Lappland, von der Kultur, sowie von der Unterdrückung und Ausbeutung der samischen Urbevölkerung. In den Ausstellungsräumen sind die Lebensbereiche dargestellt. Im vorderen Bereich des Glaskuppelganges werden kunstgewerbliche Artikel verkauft. Überwiegend sind es Textilien, Schmuck und Arbeiten aus Rentierleder und Horn. In den Hörsälen finden Vorlesungen für ein ausgewähltes Publikum statt.

Wir blickten von den Liegesesseln aus nach oben, hinein in das Firmament der nördlichen Himmelskugel. Den Feuerfuchs, Firefox, kannte ich bisher nur in der Funktion als Internet Webbrowser. Hier erlebten wir ihn in der Audiovisionsshow in seiner angestammten Rolle. Am Rand der Projektionsfläche in der Kuppel umkreiste der Polarfuchs mit erhobener Rute den nordischen Sternenhimmel. Mit dem buschigen Schweif schlug er um sich und entzündete das kosmische Feuerwerk der Polarlichter und dem aufgewirbelten Schnee entsprangen die Sterne. Uns Zuschauer tauchte man tief ein in die Welt der Aurora borealis, die Sphäre der Nordlichter. In der finnischen Mythologie ist der Feuerfuchs dafür verantwortlich, das die Lichter grün, weiß, rot oder violett über den Nachthimmel peitschen. Heute gibt es wissenschaftliche Erklärungen für das Naturphänomen. Eindrucksvoll ist die Erscheinung allemal. Wegen der durchgehenden Helligkeit ist das Phänomen im Sommer nicht sichtbar. Es gibt nur vage Zyklen, in der die Aktivität des Sonnenwindes so stark ist, dass mit Polarlichtern gerechnet werden kann. Die besten Beobachtungszeiten dafür sind im September, Oktober und März im Norden Islands, Skandinaviens und Russlands. Ein klarer Nachthimmel ist außerdem unabdingbar. Es gibt also viele Eventualitäten, die zusammenkommen müssen, um das Schauspiel zu erleben.

So ein ganzer Tag auf Achse macht hungrig. Auf die Kaltverpflegung aus dem Supermarktregal wollten wir jedoch nicht zurückgreifen. Es wurde allerhöchste Zeit, ein Rentiergeschnetzeltes zu probieren. Man empfahl uns dafür das Gasthaus an der Hängebrücke. Das Rentierfleisch in würziger Sauce wird angerichtet mit Kartoffelpüree, süßen Preiselbeeren und Gewürzgurken. Dazu ein kühles Bier, das war echt lecker. 

Die Staatsstraße 4/E75, die alte, legendäre Eismeerstraße hatte uns wieder. Am Santa Claus Village fuhren wir ohne Stopp vorbei, auf einer bergigen Piste, immer rauf und runter. Und ab jetzt befanden wir uns hundertprozentig innerhalb des Polarkreises. Links und rechts der Fahrbahn dehnten sich die Wälder aus. Ich suchte intensiv immer wieder den Waldesrand danach ab, ob ich einen Elch entdecken könnte. Nichts da! Nur ein einzelner Wanderer marschierte auf der Straße in Richtung Süden. Das ist für die Region immerhin bemerkenswert. Hier oben begegneten wir sonst auf der gesamten Tour nur noch einem anderen Fernwanderer. 

Ist Wald gleich Wald, zumal hier in Finnland? An der Küste des Bottnischen Meerbusens waren die dicht aufgeforsteten Fichten- und Kiefernwälder häufig Holzplantagen für die industrielle Nutzung. Der naturbelassene Forst ist durchsetzt mit Laubbäumen, die sich dort behaupten konnten und die gibt es im Land natürlich auch reichlich. Wie steht es um die Wälder in den Breiten innerhalb des Polarkreises? Selbstverständlich werden die auch wirtschaftlich genutzt. Die unendlich langen Züge mit den Eisenbahnwaggons voller Langholz hatten wir ja in Rovaniemi rollen sehen. Von der ökonomischen Nutzung ausgenommen sind nur die Waldbestände der Nationalparks. Dort ist auch die Nutzung des skandinavischen Jedermannsrechts eingeschränkt, wenn es beispielsweise ums Campen, Feuermachen und Wandern geht. Pilze und Beeren für den Eigenbedarf dürfen überall gesammelt werden. Jetzt, Mitte Juni wachsen weder Pilze, noch sind die Beeren reif. Gerd und ich wären auch zu unbedarft dazu, giftige von essbaren Exemplaren zu unterscheiden. Soweit sind wir von der Natur schon entfernt. 

Fluss- und Seeufer sind dicht gesäumt mit dem borealen, dem nördlichen Nadelwald, Taiga genannt. Der Begriff Taiga entstammt der russischen Sprache, aber dieser Waldtyp wird in der gesamten nördlichen Region so bezeichnet. Durchsetzt sind die Wälder von den Birken. Von den Hügeln aus hat man oftmals einen wunderbaren Ausblick auf die unendlich ausgedehnten Waldungen. Da geht das Herz auf. Auf unserer Tour immer weiter nordwärts werden wir bemerken, dass der Nadelbaumbestand Mal für Mal mickeriger werden wird und dass selbst die allgegenwärtigen Birken letztendlich dem Klima nicht mehr gewachsen sind. Niedrigwachsendes Gestrüpp, Moose, Gräser und Flechten, die machen den Bewuchs der an die Taiga angrenzenden Tundra aus.