Rund zwei Monate waren wir mit dem Motorrollergespann unterwegs. Am Ende der Reise erscheinen uns die Erlebnisse vom Beginn schon wieder so weit weg.
Dabei sah es am Anfang gar nicht so vielversprechend aus, was die Fortsetzung der Fahrt angeht. 65 Kilometer hinter Stettin gab es plötzlich einen heftigen Knall und danach hörte sich das
Motorengeräusch gar nicht gut an. Uns schwante Böses. Aber, Glück gehabt, die Honda-Werkstatt konnte helfen und weiter ging’s nach ein paar Tagen. Der Transmissionsriemen war gerissen und wurde
ersetzt.
Die Temperaturen und die Witterung des Monats Mai waren weder bei euch noch bei uns so richtig überzeugend. Die traditionellen Ostseebäder an der polnischen Küste waren wenig besucht, viele
Restaurants geschlossen. Frust machte sich breit, das merkte man sowohl den Gästen, als auch den Wirten an.
Gerd und ich bestiegen die großen Wanderdünen bei Leba und die auf der Kurischen Nehrung bei Nida. Ein fantastisches und sehr stürmisches Naturerlebnis.
Total begeistert waren wir von der Stadt Danzig! Was die Polen da wieder aufgebaut und restauriert hatten, es ist einfach großartig. Wir haben uns über uns selber gewundert, warum wir nicht
längst mal hier waren. Das gilt auch für die Marienburg, 60 Kilometer von Danzig entfernt.
Königsberg hätten wir gerne besichtigt, jedoch das russische Konsulat in Hamburg legte uns viele Steine in den Weg. So verzichteten wir sowohl auf den Besuch in Königsberg als auch in Sankt
Petersburg. Stattdessen umfuhren wir den Teil der Russischen Föderation und erlebten die masurische Landschaft.
Riga und Tallinn sind weitere hanseatische Highlights auf dem Ostseeumrundkurs. Riga, die Prächtige und Tallinn die Natürliche. Interne Einblicke in die baltischen Befindlichkeiten gewährte uns
eine lettische Stadtführerin, die wir uns privat engagiert hatten.
Wir nutzten die Fährverbindung von Tallinn nach Helsinki. Auf dem finnischen Meerbusen bemerkte ich ein U-Boot. Es fuhr über Wasser, versteht sich und war vermutlich ein russisches Schiff, denn
es dauerte nicht sehr lange, bis eine finnische Fregatte angerauscht kam.
Die Finnen gingen wesentlich entspannter mit dem scheußlichen Wetter um, als die Polen. Wie auch immer, sie taten mir trotzdem leid, denn sie wurden so um ihren kurzen Sommer gebracht. Die Tage
mit »T-Shirt-Wetter« hatten eine sehr übersichtliche Größenordnung. Je weiter wir in den Norden kamen, umso heller wurden die Nächte. Jetzt im Juni steht Mittsommer auf dem Kalender. Rauma, Vaasa
und Oulu am Bottnischen Meerbusen besuchten wir und dann nahmen wir Kurs auf Lappland.
So eine Art Weihnachtsdisneyland gibt es am Polarkreis. Na klar, wir haben Enkel und mussten uns selbstverständlich dort umtun. Ja, und natürlich muss man die Videos vom Besuch nicht kaufen.
Alles völlig unverbindlich! Und jaaa, konsequenterweise ging es mit dem Zugangscode des Besuchsvideos im Gepäck weiter nach Norden.
Von nun an trafen wir täglich auf Rentiere. Die Gattung Elch jedoch hat sich die ganzen gefahrenen 8.000 Kilometer bei uns nicht blicken lassen. Gerd bezweifelt sogar deren Existenz! Es ist
faszinierend, wie die Natur sich veränderte. Erst Nadel- und Laubbäume in normaler Höhe, dann immer kleiner und mickeriger werdende Bäume. Die Nadelbäume verschwanden zuerst, anschließend die
letzten Birken. Die Tundra breitete sich vor uns aus. Der kräftige Wind konnte ungebremst an uns herumzerren. Da wir von Anfang an auf der Reise heftige Stürme hatten, gewöhnten wir uns
rechtzeitig daran, das Zelt ordentlich abzuspannen. Es wurde immer kälter. Hatten wir an der Küste noch 13 bis 15 Grad, so wurden die Temperaturen jetzt einstellig. Die neuen dicken Schlafsäcke
waren eine Wohltat für den Kuschelfaktor. Wenn es dann noch regnete, wurde es für uns ungemütlich. Gerd und ich sahen uns genötigt, Wollmützen zu erwerben, es war einfach zu lausig kalt. Wenn
vollständige Regentage anstanden, blieben wir möglichst jeweils vor Ort auf dem Campingplatz. So erhielten wir in Finnland und Norwegen einen guten Einblick in die Samikultur Nordeuropas. Die
indigene Bevölkerung, die Samibevölkerung macht in den Besucherzentren auf ihre Probleme innerhalb der europäischen Staaten aufmerksam.
Die Sonne ging überhaupt nicht mehr unter und wir verloren total unser Zeitgefühl. Es ist schon doll, Gerd erwachte, weil die Sonne aufs Zelt schien. Er glaubte, aufstehen zu müssen, sah vorher
noch kurz aufs Handy. Es war erst 1.30 Uhr, folglich liegen bleiben.
Dass das Nordkap hochtouristisch ist, wussten wir. Wir hatten trotzdem Glück mit unserem Besuch da oben, denn an dem Tag erwartete man im Hafen Honningsvåg keine Kreuzfahrtschiffe. So waren wir
fast privat auf dem Nordkap-Plateau, das ist geradezu eine Seltenheit!
Nachdem wir fast sechs Wochen lang heroisch Kälte, Regen und Sturm ertragen hatten, zog es uns unerbittlich nach Süden. Vorher führte der Weg noch an Alta vorbei, im nordnorwegischen
Verwaltungsbezirk Finnmark. Dort sind steinzeitliche Felsritzungen zu sehen und da mussten wir selbstverständlich hin. Wir setzten die Fahrt an der finnisch/schwedischen Grenze fort und nahmen am
Bottnischen Meerbusen bei Haparanda die Ostseeumrundung wieder auf.
Hier gab es endlich zweistellige Temperaturen, verbunden mit den Plagegeistern Skandinaviens, den Mücken! Wir sind uns der Gnade, dass es selbst den Quälgeistern da oben zu kalt war, durchaus
bewusst. Das Fehlen der Moskitos ließ uns einiges leichter ertragen. An der schwedischen Küste entlang erreichten wir Stockholm. Der ganze Wirbel mit der Prinzenhochzeit war ja vorbei und so
konnten wir die Stadt genießen. Für mich persönlich die schönste der skandinavischen Hauptstädte. Gerd bewunderte die Eleganz der Damenwelt. Nun ja, in völlig verwaschenen Klamotten, die leicht
müffeln, sieht man halt nicht so toll aus. Habe mir ein Parfüm gekauft!
Stockholm war für uns der letzte Höhepunkt der Reise, denn wir verspürten den unbändigen Wunsch, nach Hause zurückzukehren. In Kopenhagen waren wir früher unzählige Male, dorthin wollten wir
sowieso nicht fahren. Roskilde stand noch auf dem Programm. Das berühmte Roskilde-Festival fand genau zu dieser Zeit statt. So gestalteten wir den Aufenthalt nur kurz, denn wir wollten uns nicht
mit abreisenden Besuchern um die Plätze auf der Fähre drängeln.
Dies ein knapper Bericht, statt Postkartenschreiben. Unsere Erlebnisse werde ich gewiss als Buch aufbereiten, jedoch das dauert so seine Zeit, und ich muss noch ein anderes Projekt abschließen,
also, Geduld!
Ich erwähnte es, 8.000 Kilometer legten wir insgesamt zurück. Gerd als Fahrer des Gespanns und ich im Seitenwagen, wir beide, Wind und Wetter ausgesetzt. Gott sei dank kamen wir gesund und munter
wieder zu Hause an.
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