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Traumreise – oder mit dem Oldtimer auf Reisen

Im Juli und August 2016 reisten wir von Hamburg nach Sizilien und hier ist ein kurzer Reisebericht:

Die Campingausrüstung ist gereinigt und im Keller verstaut, die Wäsche gewaschen, der Kühlschrank ist neu befüllt, mit einem Satz ausgedrückt: Wir sind wieder da!

Wir haben ausprobiert, ob das 58 Jahre alte Fahrzeug, BMW 600, uns bis nach Sizilien bringen kann. Wie sich herausstellte, »unser Schätzchen« kriegt das hin. Nach Sizilien, da wollten wir immer schon einmal hin und warum nicht mit einem Oldtimer. Kreuz und quer ging es durch Deutschland. Die Autobahnen wollten wir vermeiden, deshalb fuhren wir Bundesstraßen. Das Dilemma war, die Straßenmeistereien nutzten die Sommerzeit für Ausbesserungsarbeiten an den Straßen. Viele, häufig schlecht ausgeschilderte Umleitungen waren die Folge. Als hätten sich alle verabredet, uns zu ärgern. Auch das Wetter begann damit, uns zu auf die Nerven zu gehen. Im Berchtesgadener Land, auf dem Campingplatz Ramsau, federte das Rasen regelrecht unter den Füßen, vollgesogen mit Regenwasser. Unser Autochen ist leicht inkontinent. Bei längeren Regenperioden dringt das Wasser durch die (porösen) Dichtungen ein. Während der Fahrt geht es, aber wenn wir im Stau standen, tropfte es unaufhörlich. Das Wischtuch war ohnehin stets griffbereit, denn die Scheiben beschlugen selbstverständlich auch. Wer wie wir mit einem VW-Käfer groß geworden ist, der kennt diese ewige Wischerei noch aus den alten Zeiten. Nichts wie weg, nach Italien. Am Reschenpass konnten wir sehr gut durchtrocknen. Das war aber bereits am Gardasee schon wieder vorbei, bis kurz vor Venedig regnete es ergiebig. Herrliches Venedig! Übrigens, ein kleiner Schauer ermöglichte es Gerd und mir, dass wir ganz alleine auf der Rialtobrücke standen. In der Hauptsaison ein seltener Augenblick und nur kurze Zeit später fanden wir uns im üblichen Gewühle wieder. Be-Em- Wuh, so sagten die Italiener zu unserem Fahrzeug! Oh, BMW, nicht Fiat, wie sie vielleicht erwartet hatten. Trotzdem machten wir mit dem Auto Furore und die Bewunderer unzählige Fotos. So wurde die BMW 600 zum vierräderigen Fotomodell, unsere Anwesenheit nahm man in Kauf, wir waren Staffage. Einen kleinen Abstecher nach Kroatien machten wir, denn unser Enkel Finn feierte in Krk seinen sechsten Geburtstag bei den kroatischen Großeltern. Im Urlaubsmonat August Geburtstag zu haben ist blöd, denn meistens ist man entweder selber unterwegs, und/oder die meisten der Gäste. Wir nutzten die Gelegenheit, von Venedig mal kurz rüber nach Krk zu fahren. So unternahm die Be-Em- Wuh 600 ihre vielleicht erste Seereise mit der Fähre. An der kroatischen Küste braute sich der Fallwind Bora zusammen. Die Festlandbrücke war bereits für Gespanne gesperrt, PKW durften noch passieren. Unser kleines Autochen wiegt um die 500 Kilogramm, das ist nicht genug, um gegen die heftigen Böen zu steuern. Und sehr anstrengend. Mühsam passierten wir die Brücke und kehrten auf der Inlandsroute nach Italien zurück, obwohl wir die Überfahrt mit der Fähre Zadar - Ancona angepeilt hatten. Ravenna war das nächste Ziel, geschichtsträchtig und faszinierend. Wir waren vor zehn Jahren mit den kleinen Quickly-Mopeds dort und stellten fest, wir sollten darauf achten, dass wir auf der diesjährigen Tour möglichst Neuland betreten. Keine Städte mehr, die wir schon einmal besucht hatten, auch Rom nicht. Der Weg führte uns nach Perugia und in die Nähe von Terni. Cascate delle Marmore, so heiß der 165 m hohe Wasserfall der Urlaubsregion. Hier ganz in der Nähe wütete, nur ein paar Tage nach unserem Besuch, das Erdbeben, das so viel Leid für die Menschen dort brachte. 

Das nächste Reiseziel war Neapel. So weit südlich sind wir in Italien bisher noch nicht gewesen. Die Stadt Neapel, der Vesuv und das verschüttete Pompeji interessierte uns brennend. Wie wir inzwischen wissen, sind unsere Enkel Finn (6) und Jonas (4) große Vulkanexperten. Finn wollte von mir wissen, ob es in Italien Vulkane gibt. »Ja, wir werden den Vesuv und den Ätna sehen«, sagte ich ihm. »Kenn’ ich aus meinem Vulkane-Buch«, sagte Finn. Natürlich bekamen die beiden Postkarten von den Vulkanen und außerdem schleppten wir ein paar Steine von den Bergen mit uns. Äußerst bemerkenswert war der Campingplatz von Pozzuoli, der befindet sich im Krater des Vulkans Solfatara. Man könnte meinen, es handle sich um einen ehemaligen Feuerberg, nein, nein, das Teil ist aktiv. Wir erlebten einen ganz besonders betriebsamen Tag im Krater. Es roch nach faulen Eiern und aus den Erdlöchern trat intensiv Dampf aus. Der Koch des Campingplatzrestaurants garte, in Alupäckchen sorgsam verschnürt, den Fisch in den thermischen Feldern.

Immer weiter südlich ging es, nach Kalabrien. An der Küste des Tyrrhenischen Meeres suchten wir in Diamante Quartier. Bereits seit Venedig benutzen wir die Autobahnen. Wir hatten die Erfahrung gemacht, dass man dort sehr viel bequemer unterwegs ist, besonders wir mit unserem alten Schätzchen. Hier im Süden war allerdings auch dieser Straßentyp mitunter ganz schön holperig. Unendlich viele Tunnel und Talbrücken bahnen den Weg durch die Gebirgsregionen, oftmals mehrere Tunnel hintereinander. Das gilt für das ganze Apenninengebiet und die Alpen. Unser Ziel, die Insel Sizilien ist nicht mehr fern. Nur noch die Meerenge Straße von Messina überqueren und schon waren wir dort.

Auch ich bin ein August-Geburtstagskind und grade mal wieder nicht zu Hause. Den Geburtstag verbrachten Gerd und ich auf dem Ätna, der immer wieder, so wie jetzt auch ganz schön aktiv ist. Wir konnten uns einfach nicht sattsehen. Von weitem sieht der 3.300 m hohe Berg schön grün aus. An den Hauptkrater lässt man die Besucher nicht heran. Hier oben dominiert die schwarz-graue-rotbraune Lava. Ein paar Flechten und kleinere Büsche haben sich an einigen Hängen angesiedelt, ansonsten herrscht eine fantastische Einöde. Unser Schätzchen musste bis in die Höhe von 2.000 Metern klettern, um den Parkplatz zu erreichen. Weiter ging es für Gerd und mich per Seilbahn und mit dem Geländebus. Wir ließen uns viel Zeit, um uns mit der ungewohnten Höhe vertraut zu machen.  Wie schon auf dem Vesuv führte uns ein Vulkanexperte. Er sagte uns, dass der Vulkan niemals an der gleichen Stelle wieder ausbrechen würde. Wie beruhigend! Und dort wo wir uns grade befänden, hätte es  just vor zwei Monaten Aktivität gegeben. Auf eigene Faust unternahmen Gerd und ich weiter Erkundungsgänge, konnten nicht genug kriegen. Irgendwann muss man dann ja zurück.

Ein anderer Gast hatte uns von Agrigent vorgeschwärmt. Und zwar von den griechischen Tempeln auf dem Höhenzug vor der Stadt. Auf dem Weg zum Campingplatz an der Küste sahen wir die ersten Ruinen in der Abendsonne. Es war fantastisch. Valle dei Templi, so wird der Tempelbezirk genannt. In einem Tal liegen der aber nicht. Unendlich viele Ruinen stehen dort. Teilweise hatte man schon im 19. Jahrhundert einige Säulen wieder aufgerichtet. Es ist ein sehr großes Areal mit Gräbern und Tempeln die verschiedenen Gottheiten gewidmet waren und natürlich sind die archäologischen Stätten Weltkulturerbe. Wir hatten unser Ziel Sizilien erreicht und nun war bei uns ein wenig die Luft raus. Außerdem wollten wir dem Isettchen nicht weiter tausend Kilometer holperige Straßen zumuten, also von Palermo aus sollte es per Fähre nach Genua im Norden Italiens gehen. Wie die ganze Insel hat auch Palermo eine reiche und bewegte Vergangenheit. Dazu gehört auch der Kampf der Stadt gegen die Mafia, der hoffentlich erfolgreich war. Wir hatten zwei Tage Zeit uns die Stadt anzusehen, bevor wir per Fähre weiterfuhren. So ein Chaos wie am Fährterminal haben Gerd und ich noch nirgendwo erlebt. Und wir haben schon oft die Autofähren Europas benutzt. Die Hitze machte uns zu schaffen. In unserem kleinen Auto wurden wir gegrillt, wir fuhren in einer Sauna auf vier Rädern. Ich glaube, Boxer kochen so ihr Übergewicht ab. Die Personenwaage hält sich in dieser Beziehung bei uns bedeckt. Ja, und so machten wir uns auf den Rückweg. 

Während wir von Palermo über das Mittelmeer nach Norden fuhren, ereignete sich das Erdbeben mit großer Zerstörungskraft. Wir erfuhren erst nach unserer Ankunft in Genua von dem Unglück, das in Mittelitalien geschah.

Die BMW 600, die große Isetta, wie sie mitunter auch genannt wird, hat uns alle zusammen wohlbehalten wieder nach Hause befördert. Na ja, das mit dem ›wohlbehalten‹ trifft nur bedingt zu. Wir verließen grade den Campingplatz in Mascali auf Sizilien, das Missgeschick nahm seinen Lauf. Gerd hat dem Autochen ein Leid zugefügt. Ein Baum stand unnützerweise im Weg herum, als er den Rückwärtsgang betätigte. Die hintere Stoßstange suchte und fand innigen Kontakt mit dem Blech. Den schlanken Stamm hatte Gerd beim Rückwärtsausparken übersehen. Andere Gäste halfen beim Zurückbiegen der Stoßstange, aber die Schmarre im Blech war unübersehbar! Die Motorhaube konnte nur mit Mühe geöffnet werden. Gerds Laune war am Nullpunkt. Nun wartet das gute Stück in einer Hamburger Reparaturwerkstatt auf die Instandsetzung. Der Garten hat unsere Abwesenheit dazu genutzt, sein üppiges, spontanes Grün rauszuhauen, und wir sind nun damit beschäftigt, alles wieder auf Anfang zu bringen.

Viele Grüße Reingard und Gerd

 

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